44 research outputs found

    Demokratieförderung zwischen Interessen und Werten : US-amerikanische und deutsche Reaktionen auf den politischen Islam in der TĂŒrkei

    Get PDF
    Die USA und Deutschland sind die wichtigsten GeberlĂ€nder in der Auslands- und Entwicklungshilfe fĂŒr die TĂŒrkei. Seit den demokratischen MachtĂŒbernahmen der Wohlfahrtspartei (RP)1996/97 und insbesondere der seit 2002 allein regierenden Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) sind beide Geberstaaten mit islamisch bis islamistischen Regierungsparteien konfrontiert. Das stellt sie vor folgendes Dilemma: Entweder tolerieren sie die omnipotente Rolle der kemalistischen Staatselite (v.a. MilitĂ€r, Justiz) zum Schutz des sĂ€kularen Staatswesens und der pro-westlichen Orientierung des Landes oder sie glauben dem Demokratiebekenntnis dieser Regierungsparteien und respektieren deren Selbstbestimmungsrecht. Wie die USA und Deutschland mit dieser Spannung in ihrer TĂŒrkeipolitik umgehen, ist Gegenstand dieses Reports. Zweifelsohne sind die RegierungsĂŒbernahmen durch RP und AKP Ergebnis und Zeichen einer erfolgreichen Demokratisierung. Doch gerade im Fall der AKP-Regierung gestaltet sich die Transformation der tĂŒrkischen Demokratie in eine „post-kemalistische“ Ära widersprĂŒchlich und ergebnisoffen: Die Regierung Erdogan konnte dank ihrer dezidierten Demokratisierungspolitik 2005 den Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen erreichen und aufgrund ihrer erfolgreichen Wirtschaftspolitik den lĂ€ngsten Boom in der Geschichte des Landes einlĂ€uten. Gleichwohl hat die AKP-Regierung in den letzten Jahren den Islam politisiert und sich zunehmend autoritarisiert, um die eigene Macht abzusichern. Die KomplexitĂ€t und WidersprĂŒchlichkeit des tĂŒrkischen Transformationsprozesses in eine „post-kemalistische“ Ära erschwert den „richtigen“ außen- und entwicklungspolitischen Umgang der USA und Deutschlands mit der TĂŒrkei. Offiziell bekrĂ€ftigen zwar beide GeberlĂ€nder den Wunsch nach einer sĂ€kular-demokratischen und pro-westlichen Orientierung des Landes, tatsĂ€chlich aber haben beide Staaten verschiedene nationale Interessen in ihrer TĂŒrkeipolitik, woraus unterschiedliche Implikationen entstehen: Auf US-Seite sind geostrategische Interessen der ĂŒbergeordnete Bestimmungsfaktor der Außen- und Entwicklungspolitik gegenĂŒber der TĂŒrkei. Auf deutscher Seite hingegen dominieren Interessen, die im Wesentlichen auf der einzigartigen Wechselwirkung von deutscher Innen- und Außenpolitik mit tĂŒrkischer Innen- und Außenpolitik (Innen-Außen-ReziprozitĂ€t) basieren. Diese ist dem Umstand geschuldet, dass mit rund 2,5 Mio. Menschen die weltweit grĂ¶ĂŸte tĂŒrkischstĂ€mmige Diaspora in Deutschland lebt und ein „Überschwappen“ innertĂŒrkischer Konflikte nach Deutschland befĂŒrchtet wird. Folgerichtig zielt der deutsche Wunsch nach Demokratie, Menschenrechten und StabilitĂ€t in der TĂŒrkei auch auf die Wahrung des innergesellschaftlichen Friedens und der StabilitĂ€t in Deutschland. Im Ergebnis sind beide Geberstaaten pragmatisch orientiert, d.h. sie unterstĂŒtzen diejenige politische Kraft, die aus ihrer jeweiligen Sicht den eigenen Interessen am ehesten gerecht wird. Der US-amerikanische Umgang mit dem politischen Islam und der kemalistischen Staatselite ist seit den 1990ern sowohl von KontinuitĂ€t als auch Wandel gekennzeichnet. Um ihre nationalen Interessen zu wahren, suchten die USA eine pragmatische Zusammenarbeit mit den demokratisch gewĂ€hlten RP- und AKP-Regierungen. Doch die Verfolgung klientelistischer und auch nationaler Interessen in der tĂŒrkischen Innen- und Außenpolitik v.a. durch die Regierung Erdogan (z.B. Politisierung des Kopftuch-Verbots, Ablehnung der US-Intervention in den Irak, Außenhandelsabkommen mit Iran) gefĂ€hrdete aus Sicht Washingtons den sĂ€kularen Charakter des Landes sowie seine „Westorientierung“. Auf diesen Vertrauensbruch folgte ein Streit mit der tĂŒrkischen Regierung. Mit dem Verweis auf die „verfassungsrechtlich legitime“ Rolle der kemalistischen Sicherungsinstitutionen MilitĂ€r und Judikative als Korrektive der Politik unterminierten die USA die demokratische Legitimation der AKP-Regierung – hier gibt es Parallelen zum Umgang mit der RP. Zu einem Wandel hingegen kam es in der Auslandshilfe und Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Die EZ wurde – anders als noch in den 1990ern – ohne Auflagen zu Demokratie- und Menschenrechtsfragen gewĂ€hrt. Allerdings kann die USAuslandshilfe so interpretiert werden, dass die „Gegengewichte“ zur AKP-Regierung gestĂ€rkt werden sollten, denn es kam v.a. zu einer Erhöhung der Ausbildungsgelder fĂŒr das tĂŒrkische MilitĂ€r und Bewilligungen fĂŒr den zivilgesellschaftlichen Sektor (hier v.a. die Bereiche „Wahlen“ und „Demokratische Partizipation & Zivilgesellschaft“). Beim Umgang Deutschlands mit dem politischen Islam und der kemalistischen Staatselite ist zwar auch KontinuitĂ€t und Wandel feststellbar, allerdings gestalten sich diese anders als im Falle der USA: Der Wandel auf deutscher Seite bezieht sich auf die (im Vergleich zur RP) positivere Wahrnehmung und UnterstĂŒtzung der AKP, die KontinuitĂ€t auf das sukzessive und planmĂ€ĂŸige ZurĂŒckfahren der deutschen EZ aufgrund der positiven sozioökonomischen Entwicklung der TĂŒrkei und des Beginns der EU-Beitrittsverhandlungen. Berlins Umgang v.a. mit der AKP ist geprĂ€gt durch eine Strategie der MĂ€ĂŸigung durch Einbindung. Die weitgehend unkonditionierte GewĂ€hrung der Entwicklungshilfe ist der besonderen Innen-Außen- ReziprozitĂ€t der bilateralen Beziehungen geschuldet. Gleichwohl ist auf deutscher Seite eine verstĂ€rkte KonfliktsensibilitĂ€t auszumachen, die zu Anpassungen in der deutschen Innen- und Justizpolitik sowie bei der EZ gefĂŒhrt haben. Konkret mit Blick auf Demokratieförderung ist auf deutscher Seite eine Politik des begrenzten „Ausbalancierens“ gegenĂŒber der tĂŒrkischen Regierung feststellbar, wobei vorrangig die AKP-Regierung bzw. der öffentliche Sektor und stellenweise die Bereiche „Demokratische Partizipation & Zivilgesellschaft“, „Justizentwicklung“ und „Meinungs- und Pressefreiheit“ gefördert wurden. Dennoch ist auffĂ€llig, dass die deutsche Wahrnehmung der AKP, bis zu ihrer Autoritarisierung, sich von jener der USA unterscheidet. Im innertĂŒrkischen Machtkampf wurde die AKP-Regierung als Garant fĂŒr StabilitĂ€t und Demokratie bezeichnet und unterstĂŒtzt. Diese UnterstĂŒtzung geht auf folgende Faktoren zurĂŒck: (a) Auf deutscher Seite kam es Anfang 2000 zu einem Paradigmenwandel, bei dem die kemalistische Staatsideologie als autoritĂ€r angesehen wird; (b) die AKP ist mehrmals demokratisch gewĂ€hlt und legitimiert worden und genießt eine breite UnterstĂŒtzung in der tĂŒrkischen Bevölkerung; (c) die „Zivilmacht“ Deutschland respektiert die demokratische Selbstbestimmung des Partnerlandes TĂŒrkei. Des Weiteren wird die AKP als diejenige politische Kraft angesehen, welche deutschen Interessen am ehesten gerecht wird. Da ist zuallererst die StĂ€rkung von Demokratie und Menschenrechten (v.a. mit Blick auf die Innen-Außen- ReziprozitĂ€t), aber auch die wirtschaftliche Stabilisierung der TĂŒrkei – diese tritt nicht nur deutschen BefĂŒrchtungen einer armutsbedingten Zuwanderung entgegen, sondern von ihr profitiert auch Deutschland als globale Exportnation. Gleichwohl gibt es WidersprĂŒchlichkeiten auf deutscher Seite: Mit der primĂ€r kulturalistischen Politisierung des EU-Beitritts der TĂŒrkei und der jahrelangen Diskussion um die „Privilegierte Partnerschaft“ zwecks Verfolgung parteipolitischer Partikularinteressen ist Deutschland mitverantwortlich, dass der EU-Reformund Demokratisierungsprozess in der TĂŒrkei sich verlangsamt hat und die Regierung Erdogan sich nach „verlĂ€sslicheren“ politischen Partnern umschaut. Dass damit die weltweit stĂ€rkste Demokratisierungsnorm, die EU-KonditionalitĂ€tspolitik, sowie die deutsche GlaubwĂŒrdigkeit beim Anmahnen der Minderheitenrechte in der TĂŒrkei konterkariert werden, ist eine zentrale WidersprĂŒchlichkeit der deutschen Europa- bzw. TĂŒrkeipolitik. Im Ergebnis wird deutlich, dass sich Deutschland – von den negativen Auswirkungen des Streits um den TĂŒrkei-Beitritt abgesehen – im bilateralen VerhĂ€ltnis deutlich stĂ€rker an Demokratieförderung orientiert als die USA. Des Weiteren ist es in der TĂŒrkei sowohl zu einer qualitativen Vertiefung der Demokratie als auch zu einer Perpetuierung der systemimmanenten Demokratiedefekte gekommen. Dieses Paradoxon ist zwar vorrangig auf endogene Bestimmungsfaktoren zurĂŒckzufĂŒhren, wird aber durch die widersprĂŒchliche Außen- und Entwicklungspolitik Deutschlands und insbesondere der USA begĂŒnstigt. Aus der Analyse können u.a. folgende Implikationen fĂŒr „westliche“ Demokratieförderer in der TĂŒrkei (und in anderen muslimischen LĂ€ndern) abgeleitet werden: (a) FĂŒr die Geber ist es wichtig, grundlegende Fragen beim Umgang mit islamischen Symbolen (z.B. in der Kopftuch- Frage) sowie ihr eigenes VerstĂ€ndnis von Demokratie und Menschenrechten vorab zu klĂ€ren. (b) Um ihrer GlaubwĂŒrdigkeit willen, sollten die GeberlĂ€nder das Ergebnis demokratischer Wahlen in muslimischen LĂ€ndern respektieren und bei einer vorschnellen Partnerwahl Vorsicht walten lassen. (c) Demokratieförderung „von außen“ ist nur dann glaubwĂŒrdig und nachhaltig, wenn die eigene muslimische Minderheit nicht diskriminiert wird. (d) Die TĂŒrkei und andere muslimische LĂ€nder gehen zwecks Wahrung eigener nationaler Interessen, wie die meisten „westlichen“ Geberstaaten auch, Kooperationen mit autoritĂ€ren Regimen ein – dies sollte nicht vorschnell als „Abkehr vom Westen“ verstanden werden

    Host response mechanisms in periodontal diseases

    Full text link

    Evaluation of appendicitis risk prediction models in adults with suspected appendicitis

    Get PDF
    Background Appendicitis is the most common general surgical emergency worldwide, but its diagnosis remains challenging. The aim of this study was to determine whether existing risk prediction models can reliably identify patients presenting to hospital in the UK with acute right iliac fossa (RIF) pain who are at low risk of appendicitis. Methods A systematic search was completed to identify all existing appendicitis risk prediction models. Models were validated using UK data from an international prospective cohort study that captured consecutive patients aged 16–45 years presenting to hospital with acute RIF in March to June 2017. The main outcome was best achievable model specificity (proportion of patients who did not have appendicitis correctly classified as low risk) whilst maintaining a failure rate below 5 per cent (proportion of patients identified as low risk who actually had appendicitis). Results Some 5345 patients across 154 UK hospitals were identified, of which two‐thirds (3613 of 5345, 67·6 per cent) were women. Women were more than twice as likely to undergo surgery with removal of a histologically normal appendix (272 of 964, 28·2 per cent) than men (120 of 993, 12·1 per cent) (relative risk 2·33, 95 per cent c.i. 1·92 to 2·84; P < 0·001). Of 15 validated risk prediction models, the Adult Appendicitis Score performed best (cut‐off score 8 or less, specificity 63·1 per cent, failure rate 3·7 per cent). The Appendicitis Inflammatory Response Score performed best for men (cut‐off score 2 or less, specificity 24·7 per cent, failure rate 2·4 per cent). Conclusion Women in the UK had a disproportionate risk of admission without surgical intervention and had high rates of normal appendicectomy. Risk prediction models to support shared decision‐making by identifying adults in the UK at low risk of appendicitis were identified

    Fifty years of the European Journal of Marketing: a bibliometric analysis

    Full text link
    © 2018, Emerald Publishing Limited. Purpose: The European Journal of Marketing was created in 1967. In 2017, the journal celebrates its 50th anniversary. Therefore, the purpose of this study is to present a bibliometric overview of the leading trends of the journal during this period. Design/methodology/approach: This work uses the Scopus database to analyse the most productive authors, institutions and countries, as well as the most cited papers and the citing articles. The investigation uses bibliometric indicators to represent the bibliographic data, including the total number of publications and citations between 1967 and 2017. Additionally, the article also develops a graphical visualization of the bibliographic material by using the visualization of similarities viewer software to map journals, keywords and institutions with bibliographic coupling and co-citation analysis. Findings: British authors and institutions are the most productive in the journal, although Australians’ are growing significantly the number of papers published. Continental European institutions are also increasing the number of publications, but they are still far from reaching the British contribution so far. In the mid-term, however, these zone’s authors and institutions, especially those from big European countries like France, Germany, Italy and Spain, should reach a closer performance to British ones; more as less long, historic, but more recent periods of analysis are considered. Practical implications: This article is useful for any reader of this journal to understand questions such as papers’ European Journal of Marketing-related scientific productivity in terms of, for instance, contributors/authors, institutions and countries, or the main sources used to back them. Originality/value: This is the first comprehensive article offering a general overview of the leading trends and researchers of the journal over its history

    Unified Passivity-Based Visual Control for Moving Object Tracking

    No full text
    In this chapter, a unified passivity-based visual servoing control structure con-sidering a vision system mounted on the robot, is presented. This controller, is suit-able to be applied for robotic arms, mobile robots as well as for mobile manipula-tors. The proposed control law makes the robot able to perform a moving target tracking in its workspace. Taking advantage of the passivity properties of the con-trol system and considering exact knowledge of the target?s velocity, the asymptotic convergence to zero of the control errors are proved. Later, it is carried a robustness analysis out based on 2-gain performance, hence proving that control errors are ultimately bounded even when there exist bounded errors in the estimation of the target velocity. Both, numerical simulation and experimental results illustrate the performance of the algorithm in a robotic manipulator, a mobile robot and also in a mobile manipulator.Fil: Roberti, Flavio. Consejo Nacional de Investigaciones Científicas y Técnicas. Centro Científico Tecnológico Conicet - San Juan. Instituto de Automåtica. Universidad Nacional de San Juan. Facultad de Ingeniería. Instituto de Automåtica; ArgentinaFil: Toibero, Juan Marcos. Consejo Nacional de Investigaciones Científicas y Técnicas. Centro Científico Tecnológico Conicet - San Juan. Instituto de Automåtica. Universidad Nacional de San Juan. Facultad de Ingeniería. Instituto de Automåtica; ArgentinaFil: Sarapura, Jorge Antonio. Consejo Nacional de Investigaciones Científicas y Técnicas. Centro Científico Tecnológico Conicet - San Juan. Instituto de Automåtica. Universidad Nacional de San Juan. Facultad de Ingeniería. Instituto de Automåtica; ArgentinaFil: Andaluz, Víctor. Universidad de Las Fuerzas Armadas; EcuadorFil: Carelli Albarracin, Ricardo Oscar. Consejo Nacional de Investigaciones Científicas y Técnicas. Centro Científico Tecnológico Conicet - San Juan. Instituto de Automåtica. Universidad Nacional de San Juan. Facultad de Ingeniería. Instituto de Automåtica; ArgentinaFil: Sebastian, José María. Universidad Politécnica de Madrid; Españ
    corecore