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    Die Sowjetmacht und die Konstruktion einer weltlichen jüdischen Nation (1917-1922)

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    Als die Bolschewiki im Oktober 1917 an die Macht kamen, waren sie mit einer jüdischen Bevölkerung konfrontiert, die in ihrer überwiegenden Mehrheit ein traditionelles, stark von religiösen Werten geprägtes Leben führte. Als non-territoriale und ethno-religiöse Minderheit passte das russische Judentum nicht in das bolschewistische Nationalitätenkonzept. Da die Kommunistische Partei in direkter Konkurrenz mit den beiden großen jüdischen politischen Bewegungen, dem Zionismus und dem sozialdemokratisch ausgerichteten Bundismus, stand, begann sie von den ersten Monaten an, sich mit jüdischen Angelegenheiten zu beschäftigen. Es wurde ein eigenes jüdisches Subministerium (Evkom) eingerichtet und innerhalb der Partei wurden jüdische Sektionen (Evsekcija) gegründet, in denen sich jüdische Kommunisten um die Belange ihrer Volksgenossen kümmern sollten. Der Hauptidentifikationsfaktor der jüdischen Bevölkerung waren die Religion und die mit ihr verbundenen Traditionen – ein Umstand, der in einem atheistischen Staat auf wenig Gegenliebe stieß. Die Bolschewiki versuchten daher, ein Selbstwahrnehmungsmodell zu propagieren, das auf der Volkssprache – also auf dem Jiddischen – basieren sollte. Ziel war, ein Netz von jiddischen Schulen, Theatern, Dorfsowjets, Agrarkolonien, usw. zu schaffen, um so gleichzeitig die traditionellen kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Einrichtungen zurückzudrängen. Sowohl die konstruktiven als auch die destruktiven Komponenten der sowjetischen Vorgangsweise waren aber in den ersten fünf Jahren nach der Revolution noch nicht so klar formuliert. Unter den jüdischen Kommunisten fanden lebhafte Diskussionen statt, welche Maßnahmen ergriffen und wie diese umgesetzt werden sollten. Ein wichtiges Element in diesem Meinungsbildungsprozess spielten die jiddischen Parteizeitungen, die sich zwar als Sprachrohr der Partei für die breite Bevölkerung verstanden, aber viel öfter Plattform für Diskussionen über die Zukunft des sowjetischen Judentums war. Diese Arbeit rekonstruiert unter Zuhilfenahme von Zeitungsausschnitten diese Periode, die in eine sowjetjüdische Kulturblüte mündete, die die allgemeinen liberalen Tendenzen der sowjetischen Nationalitätenpolitik der 20er Jahre widerspiegelt

    Die Stadt Brody im langen 19. Jahrhundert

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    Das heute in der Westukraine gelegene Brody wurde im Zuge der Ersten Teilung Polens 1772 Teil der Habsburgermonarchie und war rund 150 Jahre lang die nordöstlichste Grenzstadt des Landes. Die vorliegende Arbeit behandelt die gesamte österreichischer Zeit exklusive des Ersten Weltkriegs. Die ersten beiden Teile analysieren Brody aus wirtschafts- beziehungsweise gesellschaftsgeschichtlicher Sicht, während im dritten Teil die unterschiedlichen zeitgenössischen und heutigen Wahrnehmungen Brodys thematisiert und der historischen Analyse gegenübergestellt werden. Die ersten beiden Abschnitte entsprechen einer klassischen historischen Herangehensweise, bestehend aus der Analyse von Archivmaterial (v.a. aus Lemberg, Wien, Krakau und Paris), publizierten Quellen (Statistiken, Schematismen, Reiseberichte) und Sekundärliteratur. Der letzte Teil ist hingegen eher literatur- und kulturwissenschaftlich gearbeitet und basiert auf einer Analyse von Erinnerungsbüchern, Reiseberichten und Belletristik.Brody, a town today lying in Western Ukraine, became a border town of the Habsburg Empire following the First Partition of Poland in 1772. This thesis embraces a timespan of almost 150 years, excluding the First World War. It examines Brody’s economic and social history in the first two sections; the third section is dedicated to the perception of the town’s Austrian past. The most important material which serves as the basis for this work are archival sources mainly holdings in L’viv, Vienna, Paris and Kraków as well as published sources such as statistics, administrative handbooks and travel reports

    Brody

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    Brody, a town today lying in Western Ukraine, became part of the Habsburg Empire following the First Partition of Poland in 1772. Until Austria-Hungary's collapse at the end of the First World War the town was right on the border with Poland (until 1795) and later with Russia (until 1918). This book embraces a timespan of almost 150 years, excluding the First World War. It examines Brody's economic and social history in the first two sections; the third section is dedicated to the perception of the town's Austrian past. The most important material which serves as the basis for this work are archival sources mainly holdings in L'viv, Vienna, Paris and Kraków as well as published sources such as statistics, administrative handbooks and travel reports. During the 18th and the early 19th century Brody was a major commercial hub in Central and Eastern Europe. Only in the last decades of the 19th century the city transformed from a centre of international trade and cultural importance into a peripheral town at the Galician-Russian border. Whether we should consider the case of Brody as a history of failure depends on one's perspective: From a macroeconomic point of view Brody's performance would not qualify as a success story, because the city failed to embrace an urbanisation and modernisation that was so characteristic for cities in this period. From the Galician perspective, however, the economical transformation of Brody was desirable, because the city's former international orientation had led to a certain self isolation from its Galician surroundings. Thus, from a regional point of view Brody's shrinking proved the city's successful integration into the social and political realities of the Crownland. Several features distinguished Brody from other Galician towns even at the beginning of the twentieth century. No other Austro-Hungarian town was so predominantly Jewish, with Roman-Catholic Poles and Greek-Catholic Ukrainians never accounting for more than a third of the total population. Moreover Brody continued to play a certain role in Jewish thinking, in Rabbinic-Talmudic scholarship as well as in the spread of the Haskalah in east central Europe. In close connection with the strong support of Brody's Jewish elites for the Enlightenment, the German language kept its importance many decades longer than in other Galician cities. However, by the outbreak of the First World War even Brody's Jewish elites had switched from an orientation towards the German-speaking centre of the Empire to a certain degree of auto-polonisation. Special to Brody was also the strong commitment of the city and its environs to Russophile currents, whereas in the rest of Galicia the Ukrainian national movement rapidly gained popularity at the turn of the century. The dichotomy between the extraordinary Brody and the typical Galician Brody wittingly or unwittingly shaped the city's perception in travel reports, literature and mental images. Today there are different ways of remembering Habsburg Brody. They mostly but not exclusively run along ethnic lines and omit the non-national. Sometimes the national narratives differ so much that we get the impression that they talk about completely different cities. Besides partly overlapping Ukrainian, Polish, Jewish, Austrian and Soviet lieux de mémoire we also find places where we can trace the town's former economic, administrative or cultural functions in present day Brody.Das heute in der Westukraine gelegene Brody wurde im Zuge der Ersten Teilung Polens 1772 Teil der Habsburgermonarchie und war rund 150 Jahre lang die nordöstlichste Grenzstadt des Landes, zunächst zu Polen (bis 1795) danach zu Russland. Das vorliegende Buch behandelt die gesamte österreichischer Zeit exklusive des Ersten Weltkriegs. Die ersten beiden Teile analysieren Brody aus wirtschafts- bzw. gesellschaftsgeschichtlicher Sicht, während im dritten Teil die unterschiedlichen zeitgenössischen und heutigen Wahrnehmungen Brodys thematisiert werden. Die ersten beiden Abschnitte entsprechen einer klassischen historischen Herangehensweise, bestehend aus der Analyse von Archivmaterial (v.a. aus Lemberg, Wien, Krakau und Paris), publizierten Quellen (Statistiken, Schematismen, Reiseberichte) und Sekundärliteratur. Der letzte Teil ist hingegen literatur- bzw. kulturwissenschaftlich gearbeitet und umfasst eine Analyse von Erinnerungsbüchern, Reiseberichten und Belletristik, sowie einen Bildteil. Brody war im 18. und frühen 19. Jhd. eine der wichtigsten Handelsdrehscheiben Ost(mittel)europas. Erst in den letzten Jahrzehnten des 19. Jhd. entwickelte sich Brody von einer Handelsstadt europäischen Formats zu einer peripheren galizischen Kleinstadt an der österreichisch-russischen Grenze. Ob man diesen Bedeutungsverlust als Misserfolgsgeschichte wertet oder nicht, hängt vom jeweiligen Blickwinkel ab: Aus makroökonomischer Perspektive ist der Niedergang offensichtlich, da Brody den von Technisierung und Industrialisierung geprägten Urbanisierungs- und Modernisierungstendenzen der zweiten Hälfte des 19. Jhd. diametral entgegen steht. Aus galizischer Sicht hingegen war die Redimensionierung Brodys wünschenswert, da die einstige internationale Ausrichtung Brodys zu einer gewissen Abkapselung der Stadt von ihrer Umgebung geführt hatte. Brodys Bedeutungsverlust war gleichsam der Beweis für die erfolgreiche Integration der Stadt in die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse des Kronlands. Brody hatte zu Beginn des 20. Jhd. Eigenheiten, die es von anderen galizischen Städten klar unterschied. Keine andere Stadt Österreich-Ungarns kannte ein derartiges Übergewicht der jüdischen Bevölkerung über die römisch-katholischen Polen und griechisch-katholischen Ukrainer. In der jüdischen Geistesgeschichte, sowohl als Ort rabbinischer Gelehrsamkeit, als auch als Zentrum der Haskala, so wie als Zufluchtsort für Pogromopfer, spielte Brody eine bedeutende Rolle. In den höheren Bildungsschichten dominierte die deutsche Sprache auffallend lange; erst Jahrzehnte später als andere jüdische Gemeinden Galiziens gaben die Brodyer Eliten ihre Orientierung am deutschsprachigen Zentrum zugunsten einer Selbstpolonisierung auf. Die starke Verankerung der russophilen Bewegung in Brody ist ebenfalls ungewöhnlich im Galizien des frühen 20. Jhd., wo die ukrainische Nationalbewegung rasant an Boden gewann. Die Gegensätzlichkeit zwischen dem ungewöhnlichen Brody und dem typisch galizischen Brody prägte, bewusst oder unbewusst, die damalige und heutige Wahrnehmung dieser Stadt in Reiseberichten, Belletristik und geistigen Bildern. Die Erinnerung an das habsburgische Brody ist nicht einheitlich und verläuft heute meist entlang nationaler Linien, was zuweilen den Eindruck erweckt es handle sich um gänzlich unterschiedliche Städte. Man findet im heutigen Brody neben sich teilweise überlagernden ukrainischen, polnischen, jüdischen, österreichischen und sowjetischen Gedächtnisorte auch solche die auf das wirtschaftliche, kulturelle oder administrative Erbe der Stadt verweisen

    The Town of Brody in the Long Nineteenth Century : a History of Failure ?

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    La ville de Brody en Galicie autrichienne, située aujourd’hui en Ukraine occidentale, devint ville frontalière de l’Empire des Habsbourg suite au Premier partage de la Pologne en 1772 et l’est restée jusqu’à 1918. La thèse esquisse un portrait de cette ville au cours du long 19e siècle. A première vue, la notion de « contre-performance » s’impose : des critères objectifs comme la croissance économique et démographique, tout comme la perception des contemporains connus comme l’écrivain Joseph Roth, qui décrit Brody comme le symbole éternel de la périphérie, invitent à un tel constat. La thèse conteste cet avis parce que beaucoup de témoignages qui ont été produits à partir de la seconde moitié du 19e siècle ont ignoré l’importance de Brody jusqu’en 1800, et ont projeté le présent sur le passé. La thèse veut aussi relativiser dans une certaine mesure cette contre-performance économique et démographique parce que, par rapport à la Galicie, ce déclin doit être perçue plutôt comme une « normalisation ».Brody, a town today lying in Western Ukraine, became a border town of the Habsburg Empire following the First Partition of Poland in 1772. This thesis embraces a timespan of almost 150 years, excluding the First World War. It examines Brody’s economic and social history in the first two sections; the third section is dedicated to the perception of the town’s Austrian past. The most important material which serves as the basis for this work are archival sources mainly holdings in L’viv, Vienna, Paris and Kraków as well as published sources such as statistics, administrative handbooks and travel reports

    Brody

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    Brody, a town today lying in Western Ukraine, became part of the Habsburg Empire following the First Partition of Poland in 1772. Until Austria-Hungary's collapse at the end of the First World War the town was right on the border with Poland (until 1795) and later with Russia (until 1918). This book embraces a timespan of almost 150 years, excluding the First World War. It examines Brody's economic and social history in the first two sections; the third section is dedicated to the perception of the town's Austrian past. The most important material which serves as the basis for this work are archival sources mainly holdings in L'viv, Vienna, Paris and Kraków as well as published sources such as statistics, administrative handbooks and travel reports. During the 18th and the early 19th century Brody was a major commercial hub in Central and Eastern Europe. Only in the last decades of the 19th century the city transformed from a centre of international trade and cultural importance into a peripheral town at the Galician-Russian border. Whether we should consider the case of Brody as a history of failure depends on one's perspective: From a macroeconomic point of view Brody's performance would not qualify as a success story, because the city failed to embrace an urbanisation and modernisation that was so characteristic for cities in this period. From the Galician perspective, however, the economical transformation of Brody was desirable, because the city's former international orientation had led to a certain self isolation from its Galician surroundings. Thus, from a regional point of view Brody's shrinking proved the city's successful integration into the social and political realities of the Crownland. Several features distinguished Brody from other Galician towns even at the beginning of the twentieth century. No other Austro-Hungarian town was so predominantly Jewish, with Roman-Catholic Poles and Greek-Catholic Ukrainians never accounting for more than a third of the total population. Moreover Brody continued to play a certain role in Jewish thinking, in Rabbinic-Talmudic scholarship as well as in the spread of the Haskalah in east central Europe. In close connection with the strong support of Brody's Jewish elites for the Enlightenment, the German language kept its importance many decades longer than in other Galician cities. However, by the outbreak of the First World War even Brody's Jewish elites had switched from an orientation towards the German-speaking centre of the Empire to a certain degree of auto-polonisation. Special to Brody was also the strong commitment of the city and its environs to Russophile currents, whereas in the rest of Galicia the Ukrainian national movement rapidly gained popularity at the turn of the century. The dichotomy between the extraordinary Brody and the typical Galician Brody wittingly or unwittingly shaped the city's perception in travel reports, literature and mental images. Today there are different ways of remembering Habsburg Brody. They mostly but not exclusively run along ethnic lines and omit the non-national. Sometimes the national narratives differ so much that we get the impression that they talk about completely different cities. Besides partly overlapping Ukrainian, Polish, Jewish, Austrian and Soviet lieux de mémoire we also find places where we can trace the town's former economic, administrative or cultural functions in present day Brody
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