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    Contribution of prosodic timing patterns into perceived foreign accent

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    Polyanskaya L. Contribution of prosodic timing patterns into perceived foreign accent. Bielefeld: UniversitĂ€tsbibliothek Bielefeld; 2015.Wenn Menschen eine Fremdsprache lernen, verbessert sich mit den allgemeinen Fortschritten in deren Beherrschung auch die Kontrolle der Timingmechanismen beim Sprechen in der Fremdsprache. Ziel dieser Arbeit ist es herauszufinden, ob diese VerĂ€nderungen perzeptiv relevant sind, und ob die verbesserte Kontrolle der Timingmechanismen bei fortgeschrittenen Sprachlernern deren wahrgenommenen Akzent reduziert. Sprachspezifische Unterschiede in prosodischen Timingmustern sind gut dokumentiert. So weisen etwa die Dauern von vokalischen und konsonantischen Intervallen in den Sprachen, die traditionell als betonungszĂ€hlend klassifiziert werden, eine höhere VariabilitĂ€t auf als in Sprachen, die traditionell als silbenzĂ€hlend klassifiziert werden. SilbenzĂ€hlende Sprachen weisen außerdem eine höhere Sprechrate auf als betonungszĂ€hlende Sprachen. DarĂŒber hinaus zeigen Untersuchungen zu verschiedenen Sprachen, dass Nichtmuttersprachler eine geringere Sprechrate und niedrigere VariabilitĂ€t im Timing gesprochener Äußerungen aufweisen als Muttersprachler. Diese Unterschiede beeinflussen die VerstĂ€ndlichkeit von gesprochenen Äußerungen von Nichtmuttersprachlern sowie deren wahrgenommenen fremdsprachlichen Akzent (FA). Allerdings sind die Geschwindigkeit – gemessen in sprachlichen Intervallen pro Zeiteinheit – und die VariabilitĂ€t der Dauern dieser Intervalle in gesprochenen Äußerungen miteinander korreliert: Je höher die Sprechgeschwindigkeit ist, desto geringer ist die VariabilitĂ€t der Intervalldauern. Dies wirkt sich auch in der Wahrnehmung aus. Daraus ergibt sich die Frage, in welchem Maß beide Faktoren zur Wahrnehmung eines FA bei Nichtmuttersprachlern beitragen. Um diese Frage zu beantworten, mĂŒssen beide Faktoren isoliert betrachtet werden. Tempo und TimingvariabilitĂ€t beim Sprechen einer Fremdsprache erhöhen sich im Verlauf von deren Erwerb, unabhĂ€ngig davon, ob sich Mutter- und Fremdsprache (im Folgenden: L1 und L2) hinsichtlich ihrer Timingcharakteristika unterscheiden. Der Grad dieser VerĂ€nderung sollte folglich auch die StĂ€rke des wahrgenommenen FA reflektieren. Wenn die Timingunterschiede perzeptiv relevant sind, sollten Äußerungen, deren Timingmuster der eines fortgeschrittenen L2-Lerners entsprechen, als schwĂ€cher akzentuiert wahrgenommen werden als solche, deren Timingmuster denen eines AnfĂ€ngers entsprechen, auch wenn spektrale und intonatorische Unterschiede eliminiert werden. Dabei wird die Frage zu klĂ€ren sein, in welchem Maß die beiden Faktoren Tempo und TimingvariabilitĂ€t den wahrgenommenen FA beeinflussen. Grundannahme dieser Arbeit ist, dass der Einfluss der VariabilitĂ€t geringer ist, wenn L1 und L2 Ă€hnliche Timingcharakteristika haben. In dieser Arbeit werden die Timingmuster von deutschen und französischen Lernern des Englischen hinsichtlich ihres Einflusses auf den wahrgenommenen FA untersucht, wobei zusĂ€tzlich jeweils AnfĂ€nger und fortgeschrittene Lerner getestet werden. Die Timingcharakteristika des Deutschen Ă€hneln denen des Englischen, wĂ€hrend sich das Französische in dieser Hinsicht deutlich vom Englischen unterscheidet. Daraus ergeben sich zwei Hypothesen: (1) Im Englischen fortgeschrittener deutscher Lerner (gegenĂŒber AnfĂ€ngern) Ă€ußert sich die Reduktion des wahrgenommenen FA stĂ€rker in einer Erhöhung der Sprechrate; (2) Bei französischen Englischlernern spielt die TimingvariabilitĂ€t eine grĂ¶ĂŸere Rolle als die VerĂ€nderung der Sprechrate im Verlauf des Spracherwerbs. Diese Hypothesen wurden anhand von vier Forschungsfragen ĂŒberprĂŒft: 1. Nehmen Muttersprachler der Zielsprache (Englisch) Unterschiede im Timing gesprochener Äußerungen zwischen AnfĂ€ngern und fortgeschrittenen Englischlernern wahr? 2. Korreliert die Reduktion des wahrgenommenen FA mit den VerĂ€nderungen der Timingmuster im Verlauf des L2-Erwerbs? 3. Welche Anteile haben die einzelnen Faktoren Sprechtempo und TimingvariabilitĂ€t am wahrgenommenen FA? 4. Zeigen sich hinsichtlich der separaten Anteile von Sprechtempo und TimingvariabilitĂ€t am wahrgenommenen FA Unterschiede zwischen Lernern mit typologisch unterschiedlichen Muttersprachen? In dieser Arbeit wird ĂŒber die Ergebnisse von drei Wahrnehmungsexperimenten berichtet, die zur Beantwortung der Forschungsfragen durchgefĂŒhrt wurden. Die Arbeit ist wie folgt strukturiert: Im ersten Kapitel werden der theoretische Hintergrund vorgestellt und die Arbeitshypothesen erlĂ€utert. Das Kapitel beginnt mit einer Definition des Begriffs „FA“ und einer Diskussion der wichtigsten Faktoren, die zur Wahrnehmung des FA beitragen. Dabei wird auch ein kurzer Überblick ĂŒber Modelle des Zweitspracherwerbs gegeben. Weiterhin werden segmentale und prosodische Unterschiede zwischen L1 und L2 und deren Einfluss auf den wahrgenommenen FA diskutiert, und es wird erörtert, wie diese Unterschiede in verschiedenen Modellen des Zweitspracherwerbs erklĂ€rt werden. Zudem wird es auch auf die Frage eingegangen, ob segmentale oder prosodische Faktoren einen grĂ¶ĂŸeren Einfluss auf den wahrgenommenen FA haben. Schließlich folgt eine Diskussion des Prosodiebegriffs, unter Einbeziehung der Subsysteme Betonung, Intonation und Timing. Im Besonderen wird auf Timingmuster eingegangen, wobei der Fokus darauf liegt, wie Timing in gesprochener Sprache gemessen werden kann, wie Sprechrate und TimingvariabilitĂ€t zusammenhĂ€ngen, und wie Timingunterschiede zwischen Muttersprachlern und Sprachlernern die Wahrnehmung von FA beeinflussen. Anschließend an diese Diskussion wird die oben eingefĂŒhrten Arbeitshypothesen formuliert und motiviert. In den Kapiteln 3, 4 und 5 werden die einzelnen Wahrnehmungsexperimente beschrieben, im letzten Kapitel zusammengefasst und diskutiert. Die Ergebnisse der Experimente stĂŒtzen die oben eingefĂŒhrte Hypothese und können wie folgt zusammengefasst werden: 1. Muttersprachler nehmen die Unterschiede zwischen den Timingmustern in den L2-Produktionen fortgeschrittener und weniger fortgeschrittener Sprachlerner wahr. Sie tendieren jedoch dazu, Unterschiede in der VariabilitĂ€t in Klassifikationsaufgaben und in nichtsprachlichen Stimuli zu ignorieren. Je natĂŒrlicher und sprachĂ€hnlicher die Stimuli sind, desto stĂ€rker werden Unterschiede in der TimingvariabilitĂ€t wahrgenommen. 2. Die StĂ€rke des wahrgenommenen FA korreliert, wie vorhergesagt, mit VerĂ€nderungen in Sprechtempo und TimingvariabilitĂ€t, die mit steigender Kompetenz in der L2 einhergehen. Fortgeschrittenere Sprecher sprechen schneller und mit höherer VariabilitĂ€t von sowohl Vokal- als auch Silbendauern. Äußerungen mit höherem Sprechtempo und höherer TimingvariabilitĂ€t werden von Muttersprachlern des Englischen als weniger stark akzentuiert wahrgenommen. 3. Der kombinierte Beitrag von Sprechtempo und TimingvariabilitĂ€t zum wahrgenommenen FA ist grĂ¶ĂŸer als die Summe der Effekte beider Faktoren in Isolation. Experimente, in denen jeweils einer der beiden Faktoren kontrolliert wird, zeigen, dass beide zum wahrgenommenen FA beitragen. 4. Die relative Gewichtung beider Faktoren hĂ€ngt davon ab, ob L1 und L2 hinsichtlich ihrer Timingcharakteristika Ă€hnlich oder verschieden sind. Wenn sich L1 und L2, wie im Fall von Französich und Englisch, stark unterscheiden, ist der Beitrag der VariabilitĂ€t grĂ¶ĂŸer; wenn sich L1 und L2 hinsichtlich ihrer Timingcharakteristika Ă€hneln – wie im Fall von Deutsch und Englisch – spielt das Sprechtempo fĂŒr die Wahrnehmung des FA die wichtigere Rolle
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