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    Vom genetischen Fingerabdruck überführt : die Phänotypisierung und der Suchlauf nach Verwandtschaftsbezug in der Strafverfolgung – eine kritische Analyse der neuen Gesetzgebung

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    Auslöser für die Änderung des DNA-Profil-Gesetzes und der relevanten Bestimmungen in der StPO war der Fall Emmen, in welchem am 21. Juli 2015 eine 26-jährige Frau von einem unbekannten Mann vom Velo gezerrt und vergewaltigt wurde. Trotz am Tatort sichergestellter DNA konnte der Täter bis heute nicht gefasst werden. Nationalrat Vitali nahm diesen Fall zum Anlass, um eine Motion einzureichen, mit der die gesetzliche Grundlage zur Einführung der Phänotypisierung von DNA-Analysen geschaffen werden sollte. In der vorliegenden Bachelorarbeit wird untersucht, ob die Phänotypisierung und der Suchlauf nach Verwandtschaftsbezug mit dem Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung vereinbar sind. Bei der Phänotypisierung werden persönlichkeitsbestimmende Merkmale wie die Augen-, Haar- und Hautfarbe, das Alter oder die Herkunft ausgewertet. Bei der Verwandtenrecherche wird in der DNA von verschiedenen Personen nach Ähnlichkeiten gesucht, die auf eine Verwandtschaft hindeuten. Die Auswertung der Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie die Durchführung der Verwandtenrecherche stellen aufgrund der Beschränkung der Anlasstat auf Verbrechen nach Deliktskatalog einen verhältnismässigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Die Grundrechtseingriffe aufgrund der Verwendung der Merkmale des biologischen Alters und der biogeografischen Herkunft sind allerdings nicht zumutbar. Die Analyse der Herkunft ermöglicht keine signifikante Eingrenzung des Verdächtigenkreises und bei der Untersuchung des Alters können Überschussinformationen hinsichtlich unbekannter Krankheitsdispositionen anfallen. Zu Letzteren gibt es keine eindeutige Regelung im neuen Gesetz, weshalb den betroffenen Personen Einsicht in ihre Daten während eines laufenden Verfahrens verwehrt bleibt. Art. 3 E-DNA-Profil-Gesetz sollte deshalb entsprechend ergänzt werden und ein Einsichtsrecht nicht nur nach Verfahrensabschluss, sondern auch während eines laufenden Verfahrens gewähren. Bei der Auseinandersetzung mit dem neuen Deliktskatalog für die Phänotypisierung und die Verwandtenrecherche wurde erkannt, dass dieser mit den Katalogen in der Niederlande und Frankreich weitgehend deckungsgleich ist. Der Katalog enthält die wichtigsten und schwerwiegendsten Delikte. Indem er sich zugleich auf das Wesentliche beschränkt, wird das Verhältnismässigkeitsprinzip gewahrt. Wenig überzeugend ist die Argumentation des Bundesrates und des Parlaments zur Regel, dass DNA-Proben auch nach einem Freispruch weiterhin aufbewahrt werden dürfen. Dies widerspricht der Unschuldsvermutung im Strafrecht und ist mit der Rechtsprechung des EGMR nicht zu vereinbaren. Auch in der Niederlande und in Frankreich müssen DNA-Profile von verdächtigen Personen nach einem Freispruch umgehend gelöscht werden. Art. 16 Abs. 4 E-DNA-Profil-Gesetz sollte deshalb de lege ferenda angepasst werden. Bis dahin ist an die Behörden und die Rechtsprechung zu appellieren, die Aufbewahrung von DNA-Profilen nach einem Freispruch nur sehr restriktiv zuzulassen
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