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    Von der HochschĂĽlerschaft Ă–sterreichs zur Ă–sterreichischen HochschĂĽlerschaft

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    Kontinuitäten und Diskontinuitäten: 1. Die Strukturen einer starken eigenständigen Hochschülerschaft als Körperschaft Öffentlichen Rechts und mit autonomer Finanzgebarung wurden 1933 grundgelegt und nach 1945 weiterentwickelt. Zuvor private Initiativen wurden in die Hochschülerschaft nun einbezogen (etwa frühere Fach- und Sozialvereine). 2. Anders als die Deutsche Studentenschaft, die noch verschiedene private Vereine unter ihrem Dach vereinigt hatte, ist sowohl die Hochschülerschaft Österreichs als auch die Österreichische Hochschülerschaft in bis zu vier Ebenen gegliedert: österreichweit – an der Universität – an der »Fachgruppe« (Fakultät) – an der »Fachschaft« (Studienrichtung – später auch nach Studienabschnitt an großen Fakultäten). Daneben gibt und gab es Referate (Abteilungen), die spezielle Bereiche betreuen. 3. Mit 1945 endete die Zeit des idealen »wehrhaften Studenten«, der eine Tradition bis in die frühe Neuzeit hatte, endgültig. Korporierte Studenten sind ab nun ein Minderheiten-programm und werden zunehmend als anachronistisch angesehen. Liberalere Traditionen, die auf die Jugendbewegung verweisen, können sich durchsetzen. Diese gab es aber auch schon in der Hochschülerschaft Österreichs. 4. Durch die Annexion Österreichs durch das totalitäre Regime der Nationalsozialisten mit der Tilgung sogar des Wortes ›Österreich‹ und nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs hat sich das Ideal des Deutschnationalismus verflüchtigt. Die österreichische Hochschülerschaft gibt sich von Anfang an – zumindest bei allen Gründerfraktionen – betont österreichisch. Auch hier gibt es Kontinuitäten. 5. Eine symbolische Kontinuität ist das in der HÖ jährlich erscheinende Jahrbuch. Dieses konservierte offensichtlich den Namen der alten ›Hochschülerschaft Österreichs‹ bis 1947. Mit medizinischen und sozialen Schwerpunkten nahm die ÖH Kontinuitäten auf und verwirklichte teilweise das, was in der HÖ bloß als Ziel konzipiert worden war. 6. Es gibt auch eine wesentliche personelle Kontinuität – in der Person Rudolf Wengrafs, des ersten ÖH-Vorsitzenden, der bislang häufig den Kommunisten zugerechnet wurde. Wengraf war 1937/38 Mitarbeiter des letzten Vorsitzenden der Hochschülerschaft Österreichs, Richard Lechner, als Funktionär in der Abteilung für Presse- und Werbe-wesen. Richard Lechner selbst, der letzte Sachwalter der Hochschülerschaft Österreichs, verweist in seinen Formulierungen und pluralistischerem Zugang bereits auf die Nachkriegszeit. Eine Abkehr vieler ›fasciscischer‹ Traditionen ist unter ihm und schon zu Ende von Drimmels Sachwalterschaft deutlich zu bemerken. 7. Der Hauptunterschied zwischen der HÖ und der ÖH liegt in der Demokratisierung. Die erste Wahl 1946 ist daher der markante Einschnitt in der jüngeren Geschichte der österreichischen Studierendenvertretung. Nach 1945 gilt für Studenten wie für alle Berufstätigen, dass zur demokratischen Partizipationsmöglichkeit auf der lokalen Ebene (Gemeinde, Bundesland, Republik, später EU) noch eine zweite Interessensvertretungs-Ebene kommt, die ebenfalls Gesetze und Verordnungen durch Stellungnahmen und Beratung beeinflussen kann. Insofern wurde allen Studierenden ein weiterer demokratischer Zugang eröffnet. 8. Daraus folgt eine weitere Diskontinuität: Während vor 1945 die Dialogfähigkeit sehr eingeschränkt war und die eigene ›Wahrheit‹ mit Mitteln der Gewalt durchgesetzt wurde, gibt es einen Grundkonsens in der ›Österreichischen Hochschülerschaft‹, auf dem Boden der Demokratie die anderen Fraktionen als Dialogpartner anzuerkennen. 9. Prinzipieller Konsens statt prinzipieller Unversöhnlichkeit schließt natürlich Konflikte sowohl zwischen den Fraktionen, als auch innerhalb der Union und des Wahlblocks nicht aus. Wie die Proteste gegen die Studiengebührenerhöhungen 1952 zeigen, konnte ein einheitliches Auftreten jedoch durchaus viel bewirken. Die ÖH hatte sich als kammerartige Körperschaft öffentlichen Rechts mit Begutachtungsrecht etabliert. 10. Die Strukturen der Hochschülerschaft Österreichs von 1933 bis 1938 schufen die Basis für die Österreichische Hochschülerschaft nach 1945. Klar ist geregelt, dass die Hochschülerschaft als Selbstverwaltungskörperschaft die Interessen der Studierenden nicht nur gegenüber den akademischen Gremien, sondern auch als Körperschaft im Staat vertritt. 11. Die Stellung der Hochschülerschaft zu den Professoren im Allgemeinen und den akademischen Behörden im Besonderen gestaltete sich von Anfang an in einem Spannungsverhältnis zwischen respektvollem Miteinander und konkurrierendem Machtkampf. 12. Kontinuitäten der Hochschülerschaft Österreichs sind auch durch die politischen Karrieren ihres langjährigen Sachwalters Drimmels und seines Vorgängers an der Universität Wien, Klaus vorgegeben. Vor allem Drimmel hat als Minister wie als Sachwalter einerseits die Stellung der Studierenden gestärkt, andererseits aber eine Großzügigkeit in der Zusammenarbeit mit den Nationalen gezeigt
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