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Flexible Normalisierung oder stabile Ausgrenzung: VerÀnderungen im VerhÀltnis Behinderung und NormalitÀt
'Die statistische NormalitĂ€t wurde bereits im 19. Jahrhundert insbesondere in der französischen Soziologie thematisiert. Gleichwohl hat das Fach die Frage des Normalen bislang vernachlĂ€ssigt. Der Beitrag stellt die diskurstheoretisch inspirierte Theorie des 'Normalismus' (Link) vor und versucht, die statistische NormalitĂ€t als eigenstĂ€ndige soziologische Kategorie zu fassen. Ausgehend von der These, daĂ NormalitĂ€t nicht mit NormativitĂ€t gleichgesetzt werden kann, sondern das Ergebnis normalistischer Diskurse und operativer Verfahren darstellt, werden zwei Strategien unterschieden: der Protononnalismus und der flexible Normalismus. AnschlieĂend wird am Beispiel der Behindertenhilfe und Rehabilitationspolitik diskutiert, ob sich eine Tendenz zur flexiblen Normalisierung erkennen lĂ€Ăt. Zu diesem Zweck werden verschiedene Ebenen des Behinderungsdispositivs (Behinderungsbegriff der Weltgesundheitsorganisation, Regeln Ă€rztlicher GutachtertĂ€tigkeit, politische Reformkonzepte nach dem 'Normalisierungsprinzip') untersucht. Auf der Ebene der Subjekt-Taktiken werden Ăberlegungen zur offensichtlich prekĂ€ren Normalisierungsarbeit behinderter MĂ€nner und Frauen angestellt. Als Fazit wird die These formuliert, daĂ der flexible Normalismus zwar die Grenzbereiche verbreitert, jedoch die PolaritĂ€t zwischen Behinderung und NormalitĂ€t nicht zum Verschwinden bringt.' (Autorenreferat)'Statistical normality has been discussed as early as in the nineteenth century, especially by French sociologists. Nonetheless, sociology has tended to ignore the question of the normal and the pathological down to the present day. This paper presents the theory of 'normalism' (Link). Normalism, which has been inspired by discourse theory, seeks to describe statistical normality as a separate sociological category. On the basis of the thesis that normality cannot be equated with normativity, and that normality is a result of normalistic discourse and operative procedures, the paper differentiates two strategies: protonormalism and flexible normalism. The issue of whether any tendency towards flexible normalisation has appeared will be discussed using the example of aid for the handicapped and rehabilitation policy. Different levels of the handicap dispositive (handicap definition used by the World Health Organization, criteria for medical experts' assessments, political reforms based on 'normalisation principle') are then analysed. On the level of the tactics used by subjects, ideas are presented concerning the obviously difficult normalisation work carried out by handicapped men and women. The paper concludes with the thesis that flexible normalism, while it expands borders, does not eliminate the polarity between handicap and normality.' (author's abstract)
Disability Studies: individuelles, soziales und/oder kulturelles Modell von Behinderung?
Gegenstand des Aufsatzes sind die Disability Studies und ihr Stellenwert fĂŒr den deutschsprachigen Diskurs zu und ĂŒber Behinderung. ZunĂ€chst erfolgt ein kursorischer Ăberblick ĂŒber die Disability Studies in Deutschland. Nach einer Skizze des in den Rehabilitationswissenschaften vorherrschenden 'individuellen' Behinderungsmodells wird das 'soziale Modell von Behinderung' als Paradigma der internationalen Disability Studies vorgestellt und einer Kritik unterzogen. Die Anmerkungen beziehen sich insbesondere auf die postulierte Dichotomie von impairment und disability; auĂerdem wird die körpertheoretische NaivitĂ€t des Ansatzes kritisiert. Des Weiteren wird die Problemorientierung des Modells kritisch beleuchtet. In einem zusĂ€tzlichen Schritt wird ein 'kulturelles Modell von Behinderung' skizziert. Die Disability Studies werden als interdisziplinĂ€re Forschungsrichtung der Sozial- und Kulturwissenschaften gekennzeichnet, an deren theoretischer Fundierung im internationalen Diskurs bereits seit den 1980er Jahren gearbeitet wird, die jedoch im deutschsprachigen Raum gerade erst begonnen hat
Macht der Differenz: Perspektiven der Disability Studies auf DiversitÀt, IntersektionalitÀt und soziale Ungleichheit
"Dieser Aufsatz befragt drei TheorieansĂ€tze - Sozialstrukturananalyse, IntersektionalitĂ€tsforschung und Diversity Studies - danach, welche BeitrĂ€ge sie zu leisten vermögen, um das komplexe Erscheinungsbild gesellschaftlicher Differenzierung und sozialer Ungleichheit besser zu verstehen. Im vergleichenden Ăberblick werden die einzelnen Konzepte portraitiert, die jeweiligen StĂ€rken und SchwĂ€chen diskutiert und somit Orientierungen fĂŒr weiterfĂŒhrende Analysen angeboten. Zur Konkretisierung wird das Differenzmerkmal (Nicht-)Behinderung benutzt; als wissenschaftlicher Bezugsrahmen dienen die internationalen Disability Studies. Im Ergebnis zeigt sich, dass ein multiperspektivischer Ansatz, der vornehmlich die an class orientierte Sozialstrukturanalyse mit dem die MehrdimensionalitĂ€t von sozialen Ungleichheiten fokussierenden IntersektionalitĂ€tsansatz und die Diversity Studies mit ihrer kulturalistischen Perspektive verknĂŒpft, am ehesten innovative Erkenntnisse verspricht, wenn es um ein solch facettenreiches Differenzmerkmal wie 'dis/ability' geht." (Autorenreferat)"This paper explores three theoretical approaches - social structural analysis, intersectionality and Diversity Studies - and investigates how they can contribute to a better understanding of the complexity of current vertical and horizontal social differentiation. The comparative overview describes the different concepts, discusses their strengths and weaknesses before offering guidance for further analyses. In order to provide a concrete anchor for the discussion, the author uses the social category of 'dis/ability' while referring to Disability Studies as an academic discursive framework. When it comes to tackling a multifaceted social difference such as 'dis/ability', the paper demonstrates that a multi-perspective approach is most likely to yield innovative insights. Indeed, applying a social structural analysis with its emphasis on class together with an intersectional approach as well as a culturalist perspective characteristic of Diversity Studies will inevitably draw attention to the multi-dimensionality of social differentiation." (author's abstract
"Wir Normalen" - "die Behinderten"? Erving Goffman meets Michel Foucault
"Dass behinderte Menschen anders sind als 'wir Normalen' (Erving Goffman), wird ĂŒblicherweise nicht auf gesellschaftliche EinflĂŒsse zurĂŒckgefĂŒhrt, sondern auf gesundheitliche Störungen und AuffĂ€lligkeiten, die als objektiv feststellbare 'Naturtatsachen' angesehen werden. Entsprechend wird 'Behinderung' (disability) zumeist umstandslos mit 'BeeintrĂ€chtigung' (impairment) gleichgesetzt. In jĂŒngster Zeit haben allerdings die Disability Studies darauf aufmerksam gemacht, dass es auch im Falle von Behinderung keine unhintergehbare Natur gibt. Demzufolge ist Behinderung ein eher unscharfer Oberbegriff, der sich auf eine bunte Mischung von unterschiedlichen Merkmalen bezieht, die nichts anderes gemeinsam haben als das Stigma sozialer Abweichung. In das Spannungsfeld von Natur und Kultur gerĂ€t man auch, wenn man zwei TheorieansĂ€tze vergleicht, die zur soziologischen Untersuchung von Behinderung verwendet werden. Seit mehr als vierzig Jahren stellt die interaktionistische Stigma-Theorie von Erving Goffman den dominanten Ansatz dar. In ihr bildet der Körper den impliziten Referenzpunkt fĂŒr Stigmatisierung: Insbesondere sichtbare Abweichungen werden in Face-To-Face-Interaktionen zum Ausgangspunkt von Zuschreibungs- und Ausgrenzungsprozessen. Dabei lĂ€sst sich Goffman offensichtlich von der objektivistischen Grundannahme leiten, dass eine Behinderung tatsĂ€chlich existiert. Diese PrĂ€misse kann man im Anschluss an die strukturtheoretisch akzentuierte Körpertheorie Michel Foucaults bestreiten. Marginalisierung gilt ihm nicht als Effekt beschĂ€digter Körperlichkeit, sondern als Produkt wissenschaftlicher Diskurse und gesellschaftlicher Disziplinierung. Aus dieser Sicht produzieren Klassifikationssysteme wie die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) erst das, was sie vorzufinden meinen, nĂ€mlich 'Behinderung'. Zugleich naturalisiert die ICF ihren Gegenstand, indem sie auf Körperfunktionen und -strukturieren rekurriert und diese getrennt von Umweltbedingungen und sozialer Teilhabe konzeptionalisiert. In dem Beitrag geht es anhand eines Theorievergleichs um die Frage, wie NaturalitĂ€t und KulturalitĂ€t von verkörperter Differenz miteinander verknĂŒpft sind. Was ist ein behinderter Körper im Unterschied zum normalen Körper? Wie wird er in Interaktionen hergestellt, wie konstituiert er sich als soziale Tatsache? Zum anderen soll am Beispiel der ICF die Bedeutung von Klassifikationssystemen fĂŒr doing disability wie auch making disability ausgelotet werden. TrĂ€gt die ICF zur Naturalisierung von Behinderung bei oder kann sie zu deren Ăberwindung genutzt werden?" (Autorenreferat
"NormalitÀt" und "Behinderung" im Alltagswissen: Diskursanalyse eines Internetforums
"Mit Hilfe der Diskursanalyse untersucht der Beitrag folgende Fragen: Wie werden im massenmedial vermittelten Alltagswissen die DiskursgegenstĂ€nde 'NormalitĂ€t' und 'Behinderung' konstruiert? Wie werden Grenzziehungen gestaltet? Das empirische Material, das quantitativen ZĂ€hlungen und qualitativer Kategorisierung unterzogen wurde, entstammt einem Internetforum ĂŒber Bioethik. Im Ergebnis zeigt die Analyse, dass erstens die Sprecherposition 'Wir Normalen' dominant ist. Zweitens wird der diskursive Gegenstand 'Behinderung' als auffĂ€llig markantes Stereotyp, dagegen 'NormalitĂ€t' als Leerformel konstituiert. Drittens erweisen sich 'das behinderte Kind' und 'die Behinderten' als zentrale Begrifflichkeiten. Viertens enthĂŒllt die Analyse zwei Diskursstrategien: Die eine Position bemĂŒht sich um die Dichotomisierung von Grenzziehungen zwischen Behinderung und NormalitĂ€t, die andere plĂ€diert fĂŒr eine Flexibilisierung. Insgesamt werden sowohl KontinuitĂ€ten als auch Verschiebungen im aktuellen Behinderungsdiskurs sichtbar." (Autorenreferat)"This article applies a discourse analysis of an online platform about bioethics. It uses methods of quantitative research and qualitative categorization in order to examine the following questions: How does everyday knowledge, which is being communicated on the Internet, construct the discursive objects of 'normality' and 'disability'? How are the lines drawn? The article presents these findings: First, 'we normals' proves to be the dominant mode of statement. Second, 'disability' appears as a stereotype, and 'normality' constitutes itself as an empty (meaningless) term. Third, 'the disabled child' and 'the disabled' define the key discursive terms. Fourth, the analysis distinguishes the following two discursive strategies: one position uses the approach of dichotomization for differentiating between normality and disability; the other position pleads for a flexibilization of boundaries. Ultimately, the analysis highlights trajectories and transformations of the contemporary disability discourses." (author's abstract
Diskurs im Alltag - Alltag im Diskurs: ein Beitrag zu einer empirisch begrĂŒndeten Methodologie sozialwissenschaftlicher Diskursforschung
'Wie kann man Alltagswissen diskursanalytisch untersuchen? Die empirische Studie zum Internetforum '1000 Fragen zur Bioethik', einem diskursiven Ereignis im Interdiskurs, bietet einen guten Ausgangspunkt fĂŒr eine methodologische Reflexion des Zusammenhangs von Alltag und Diskurs. Anhand einer Typologie werden zunĂ€chst 'Spezialdiskurs', 'Interdiskurs' und 'Elementardiskurs' differenziert. AnschlieĂend wird ein Beitrag zur Konzeptionalisierung des Alltagsdiskurses geleistet. Zu diesem Zweck werden AnschlĂŒsse an die Wissenssoziologie nach Berger und Luckmann hergestellt und diese wird einer an Foucault orientierten strukturtheoretischen Lesart unterzogen. Dabei werden Strukturiertheit und Eigensinnigkeit des 'Sprechens der Leute' wie auch die Bedeutung von Legitimierung und Subjektivierung fĂŒr das Alltagswissen herausgearbeitet. Zum Schluss werden eigene Analyseergebnisse zum VerhĂ€ltnis von Spezial- und Alltagswissen vorgestellt.' (Autorenreferat)'How can one apply discourse analysis to everyday knowledge? The empirical analysis of a particular discursive Internet-based event, the Internet forum '1000 Questions about Bioethics', offers a good starting point for methodological considerations of the relationship between everyday life and discourse. This article discusses three main points. First, it differentiates between three types of discourse, namely special discourse, interdiscourse and elementary discourse. Second, it offers a contribution to the conceptualization of everyday discourse. In this respect, Berger and Luckmann's sociology of knowledge proves helpful; their approach is subjected to a reading that uses a structural theoretical view drawing on Foucault. The structured character as well as the originality of 'what people are saying' are explored; the significance of establishing legitimacy and subjectivation for everyday knowledge is also pointed out. Finally, the article presents the authors' empirical findings on the relations between special knowledge and everyday knowledge.' (author's abstract)
(Erwerbs-)Arbeit mit Hindernissen: Eine dispositivanalytische Perspektive auf biographische ErzÀhlungen von Menschen mit Behinderungen
Der Beitrag benutzt eine dispositivanalytische Forschungsperspektive auf biographische ErzÀhlungen von Menschen mit Behinderungen und fragt am Beispiel von (Erwerbs-)Arbeit, wie sich das Dispositiv der Behinderung in individuellen Erwerbsbiographien manifestiert und welche Dispositivelemente dabei zum Vorschein kommen. Anhand von Interviewdaten zeigen sich Verflechtungen des Behinderungsdispositivs mit weiteren Dispositiven, etwa der Bildung oder der Erwerbsarbeit. Auch werden handlungsfÀhige, wirkmÀchtige Dispositivelemente freigelegt, die als relevante Andere die Erwerbsbiographien behinderter Personen und deren Teilhabe an (Erwerbs-)Arbeit mitgestalten. Herausgearbeitet wird zudem, wie die interviewten Frauen und MÀnner mit unterschiedlichen BeeintrÀchtigungen mit den Erwartungen von FachkrÀften und der Arbeitsagentur umgehen
Lymphotoxin Is Required for Maintaining Physiological Levels of Serum IgE That Minimizes Th1-mediated Airway Inflammation
Although elevated levels of IgE in asthmatic patients are strongly associated with lung infiltration by activated T helper (Th) 2 cells, the physiological role of immunoglobulin E (IgE) in the airway remains largely undefined. Lymphotoxin-deficient α (LTαâ/â) mice exhibit increased airway inflammation, paradoxically accompanied by diminished levels of IgE and reduced airway hyperresponsiveness in response to both environmental and induced antigen challenge. The severe lung inflammation in LTαâ/â mice is Th1 in nature and can be alleviated by IgE reconstitution. Conversely, depletion of IgE in wild-type mice recapitulates the lung pathologies of LTαâ/â mice. Therefore, this work has revealed that lymphotoxin is essential for IgE production, and a physiological role of IgE in the airway may consist of maintaining the balance of Th1 and Th2 responses to prevent aberrant inflammation
âWhat if There's Something Wrong with Her?ââHow Biomedical Technologies Contribute to Epistemic Injustice in Healthcare
While there is a steadily growing literature on epistemic injustice in healthcare, there are few discussions of the role that biomedical technologies play in harming patients in their capacity as knowers. Through an analysis of newborn and pediatric genetic and genomic sequencing technologies (GSTs), I argue that biomedical technologies can lead to epistemic injustice through two primary pathways: epistemic capture and value partitioning. I close by discussing the larger ethical and political context of critical analyses of GSTs and their broader implications for just and equitable healthcare delivery
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